11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

martin s aus b
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von martin s aus b »

Hallo Stefan,

ich hab mir die Einbausituation, die identisch mit der in der TX ist, nochmal angeschaut. Der Freilaufaußenring hatte axial ca 2mm Luft, der Käfig mit den Rollen steht nicht über, läuft komplett innerhalb des Außenrings. Und auf diesem Foto ...
Laufbahn.JPG
Laufbahn.JPG (61.49 KiB) 925 mal betrachtet
... kann man die Laufbahn der Klemmkörper auf dem Innenring erkennen und sieht, daß die Klemmkörper noch reichlich Abstand zum Ritzelkörper hatten und damit der Käfig nicht eingeklemmt wurde.

Reibung wars also nicht und weil diese Erklärung für den Schaden ausscheidet hab ich versucht, mich ein wenig schlau zu machen, was beim Motorstart in einem nach Borg-Warner-Design ausgeführten Freilauf eigentlich passiert:

So sind die Klemmkörper in einer statischen Betrachtung beim Anlasserstart belastet.

system.JPG
system.JPG (53.61 KiB) 925 mal betrachtet

Der Kawasaki-Motor dreht rückwärts, der orangene Innenring treibt über die Klemmkörper den blauen, im Lichtmaschinenrotor verschraubten Außenring an. Geführt werden die Klemmkörper von zwei gegeneinander verdrehbaren Käfigen, braun und grün, durch die sie durchgesteckt sind. Zwischen diesen beiden Ringen gibts eine hier nicht dargestellte Formfeder die dafür sorgt, daß die Klemmkörper an den beiden Laufflächen anliegen um sich bei entsprechender Relativdrehrichtung tatsächlich 'festzuklemmen'.

Bei statischer Betrachtung werden die Klemmkörper 'diagonal' an den beiden Endpunkten des roten Pfeils belastet und dürften deshalb auch nur dort Belastungsspuren bzw. Verschleiß zeigen. Tatsächlich ist aber bei allen die ich mir mit einer Lupe angeschaut habe die ganze innere Klemmfläche verschlissen. Um das zu erklären muß der Anlassvorgang dynamisch betrachtet werden

Das zum Anlassen des Motors erforderliche Drehmoment ist nicht konstant weil der Anlasser den Motor über die 4 unterschiedlichen Arbeitsschritte des Viertaktprozesses, Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen, durchdreht. Wenn der Motor jetzt nicht gleich bei der ersten Umdrehung startet arbeitet der Anlasser dabei in sich wiederholenden Zyklen, beim Ansaugen, Verdichten, und Ausstoßen arbeitet er gegen den Widerstand des Motors, der Freilauf überträgt Drehmoment, im nicht gezündeten Arbeitstakt entspannt das komprimierte Gemisch, die Kurbelwelle überholt und der Freilauf und macht auf, um anschließend, im nächsten Schritt wieder Drehmoment zu übertragen.

Beim 'Aufmachen' heben die Klemmkörper unter Fliehkraft gegen Ihre Anpressfeder ab und klemmen sich, ich nenns mal so, wenn die Kurbelwelle wieder langsamer wird wieder fest. Das erfolgt aber nicht synchron sondern einer ist der erste und die andern folgen. Und dabei weitet, wenn die Geometrie grenzwertig ist und damit die Radialkräfte entsprechend hoch sind, der erste seinen Spalt zwischen Innen- und Außenring dynamisch auf, stellt sich weiter auf und versucht, das System zu blockieren. Dabei verschiebt er dabei die beiden Ringe, in denen er geführt ist, so gegeneinander daß die restlichen, genauso geführten Klemmmkörper dieser Bewegung folgen wollen. Durch das Aufstellen des ersten Klemmkörpers und lokale Aufweiten des Spalt an dieser Stelle ist der Spalt zwischen Innen- und Außenring für die anderen Klemmkörper aber kleiner geworden, die können also der durch die Ringführung vorgegeben Bewegung nicht folgen und verspannen damit die beiden Führungsringe.
Wenn jetzt auch noch kurzes Durchrutschen auftritt verstärkt das die Dynamik und die auf die Führungsringe wirkenden Kräfte. Auch wenn der Motor schlecht startet und der Fahrer deshalb 'orgelt' wird der Freilauf weiter belastet. Und wenn das oft genug passiert zerlegts, so wie hier geschehen, das schwächste Teil, hier den inneren Ring.

Ich hab im www einen kleinen Film über drei prämierte Studienarbeiten gefunden https://www.youtube.com/watch?v=2Fvuj2t9R5Y Im ersten Drittel wird eine bei Schaeffler/INA durchgeführte Arbeit zu Starterfreiläufen bzw. der Bearbeiter dieses Themas vorgestellt. so bei ca. 1.10 .... 1.40 Minuten ist in einem Ausschnitt aus einer Simulation des Anlassvorgangs im Freilauf zu sehen, wie der Anlasser die Kurbelwelle antreibt und diese ihn bei jedem Zyklus überholt.

Der hier gezeigte Freilauf ist im Übrigen, genau wie der originale, ein Klemmrollenfreilauf, allerdings mit der dreifachen Anzahl an Rollen und damit kleineren spezifischen Belastungen. Wenns klappt werd ich jetzt in diesen Kawasaki-Motor genau so einen verbauen.

Schaun wir mal ob der bei mir auch funktioniert. Und wie lang er hält.
scholli
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von scholli »

Hallo Martin,

interessant!
Im dargestellten Vorgang (Simulation) überholt m. E. die KW aber nicht den Anlasser bzw. das Freilaufzahnrad, sondern dreht dagegen (rückwärts) wie beim Zurückschlagen durch einige Grad Vorzündung. Daher rühren auch die hohen Drehmomentspitzen auf dem parallel gezeigten Diagramm, die die Konstruktion quasi durchlassen soll - wie sie das macht, wird ja leider nicht gezeigt (vielleicht eine nicht sichtbare Rutschkupplung?).
In der Praxis ist es nach meiner Vorstellung schon so, wie du sagst: Die KW läuft dem Anlasser davon, wenn mal eine einsame Zündung richtig beschleunigt. Wenn der Motor aber dann nicht anspringt, was bei den ersten Umdrehungen beim Starten häufig der Fall ist, holt der Anlasser die KW sehr schnell wieder ein, und das Hin und Her geht weiter.
Möglichst viele Rollen auf "schiefen Ebenen" sind schon eine gute Lösung, weil sie keinen empfindlichen Käfig benötigen. Je mehr Rollen, desto besser ist das Drehmoment verteilt. Die alten Laverdas bekamen nach anfänglich 3 Rollen einen Freilauf mit 6 Rollen, der kaum Ärger macht. Allerdings steht dabei auch mit der originalen Kontaktzündung der Zündzeitpunkt beim Startvorgang auf 0°, und deshalb habe ich für die TX auch eine Zündkurve mit 0° Vorzündung beim Startvorgang verwendet.
Deine Erklärung, wie der Argofreilauf kaputtgegangen ist, leuchtet unbedingt ein. Also muss ich ein Auge auf meinen haben und ihn rechtzeitig ausbauen!
Kurios am Rande: Der Demomotor im Video hat zwar einen chicen Vierventilkolben, zündet aber bei jedem OT wie meine MZ! :lol:
Sicher ein Fehler, von diesem kleinen Lapsus auf die Qualität der Erfindung zu schließen. Ich wüsste sehr gern, wie die Drehmomentbegrenzung funktioniert!

Gruß Stefan
martin s aus b
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von martin s aus b »

Wie ich hier grad meinen Schreibtisch aufräum und die Freiläufe, China, Argo und Schaeffler samt dem Antriebsrad aus der Kawasaki nebeneinanderliegen ...

Bild

... fällt mir auf, daß der Außenring des China-und der des Argo-Freilaufs denselben Laufbahnduchmesser haben. Einziger Unterschied der Innengeometrie ist die axiale Tiefe der Haltenut die beim China-Freilauf 3/10 weniger tief ist wie bei Argo.


Bild

Bedeutet, und ich habs fürs Foto so zusammengesteckt, daß es bei einem bereits im Motorrad verbauten, ohne Schaden funktionierenden Argo-Freilauf, möglich ist einfach den Ring mit den Klemmkörpern gegen den des Freilaufs aus China zu tauschen um eine, neudeutsch, bessere "robustness" zu bekommen.
scholli
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von scholli »

Hallo Martin,

danke für den Hinweis - das wird mir vermutlich noch sehr nützen.
Du hast den Schaefflerfreilauf bereits auf dem Tisch - wie funktioniert denn dabei die Drehmomentbegrenzung?

Gruß Stefan
Volker
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von Volker »

Hallo Ihr Beiden!

Das hatte ich auch versucht. Bei mir ging das Zahnrad dann nicht rein. Komisch!

Volker
martin s aus b
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von martin s aus b »

Hallo Volker,

ich nehm an du sprichst vom Zusammenbau Außenring von Argo mit dem China-Freilaufkäfig und einem TX-Kettenrad. Das muß gehen weil die beiden Außenringe, mit der Schieblehre gemessen, einen identischen Innendurchmesser haben.

Ich habs jetzt mit einem neuen Außenring des Argo-Freilaufs und einem neuen Kettenrad der TX mit Laufbahndurchmesser 42.23 probiert und und habs dabei zunächst auch nicht geschafft, das Rad einzustecken. Einzelne Rollen, nicht alle, blieben auf halber Höhe mit der Federnut an der scharfen Außenkante der Innenlaufbahn hängen und haben den Käfig aus dem Außenring geschoben.

Wenn ich das aber, zweiter Versuch, nicht frei Hand mit den drei Einzelteilen mache sondern, entsprechend der Montage für den Motor, den Außenring mit dem Käfig auf den Lichtmaschinenrotor verschraube und dann das Rad einstecke geht’s und der Freilauf funktioniert auch. Diesen Zusammenbau würde ich dann anschließend auf die Kurbelwelle aufstecken und verschrauben.
Es hakt zwar aber es geht, weil so das Rad mit gleichzeitigem Verdrehen in Löserichtung genau in Achsrichtung des Käfigs eingesteckt werden kann ohne daß dieser ausweichen und sich schrägstellen kann.

Mit dem Kawasaki-Rad geht’s wesentlich einfacher. Nicht weil meines schon auf 42,17 … 19 verschlissen ist, die 5/100 machen den Kohl nicht fett, sondern weil es an der Vorderkante, im Gegensatz zum scharfkantigen TX-Rad, einen Radius ca 0,6 ..0,8 mm hat über den sich das Rad sogar frei Hand relativ einfach drehend zwischen die Klemmrollen ‚einbohren‘ lässt.

Ich mein ich hätt irgendwo gelesen daß Argo für einfachere Montage seines Freilaufs auch empfiehlt das TX-Rad stirnseitig anzufasen

Martin
Volker
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von Volker »

Hallo Martin!

Das Anfasen mache ich generell, damit es sich leichter montieren lässt. Zuerst alles zusammen stecken und dann gemeinsam auf den Kurbelwellenstumpf stecken klappt meistens nicht wegen dem kleinen Keil, den du dann immer wieder rausschiebst. Bei der Kawa ist wahrscheinlich kein Keil (Woodruff) vorhanden. Der ist bei der TX auch nur dafür da, dass die Markierungen auf dem Rotor fluchten. Zum Halten braucht es den nicht.

Volker
martin s aus b
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Re: 11.500 problemlose km mit einem Anlasserfreilauf von Argo

Beitrag von martin s aus b »

Hallo Volker,

die Kawasaki hat, wie du richtig vermutest, keinen Woodruff-Keil

woodruff.JPG
woodruff.JPG (34.42 KiB) 846 mal betrachtet

Falsches Foto???

Aber ich kenn das Problem vom, ich trau michs kaum zu sagen, Holder-Balkenmäher, Wenn Du die Keilnut nach oben stellst, den Keil mit Fett einsetzt und den Rotor-ZB erst vorsichtig anlegst und dann draufdrehst bis die Keilnut den Keil findet muß es gehen. Beim Holder funktionierts so.

Martin
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