kein Treffen - ganz allein in den Vogesen

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martin s aus b
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kein Treffen - ganz allein in den Vogesen

Beitrag von martin s aus b »

Stelle grad fest, daß in diesem Forum gar kein Plätzchen für einen kleinen Stimmungsbericht von einer Ausfahrt vorgesehen ist. Also drück ich mich mit anderthalb Tagen und 800 km durch die Vogesen einfach bei den Treffen rein. Bin ich der Einzige, der jenseits der Treffen auch mal fährt, schrauben die Anderen nur.

Na, eigentlich wollt ich ja gar nicht mit der TX sondern mit der '750-Zweizylinder-Kawa fahren. Die ist ein bißchen komfortabler als die TX, ich trau ihr auch mehr und kenn mich bei allfälligen Problemen besser aus. Und außerdem hat das Z750Twin-Forum unter http://www.z750twin.de im Gegensatz zu dem der TX auch eine Rubrik Termine/Treffen/Reiseberichte.

Aber die alte Kawa hat ganz entgegen meinem grad gesungenen Hohelied auf ihre Zuverlässigkeit Ende letzter Woche heimtückisch ihr Lenkkopflager zermatscht, das seitdem schulbuchmäßig einhakt und bei langsamem Geradausfahren durch den täglichen Stau ein grausiges Gewackel verursacht weshalb sie jetzt traurig und ohne Gabel in der Garage steht. Auch Kegelrollenlager haben offensichtlich eine begrenzte Lebensdauer, hier warens 180.000 km, und ich warte auf eine zündende Eingebung wie ich die Außenringe ohne Aufschleifen wieder aus dem Lenkkopf kriege. Überstehen, so daß ich sie einfach raushauen könnte, tun sie nämlich nirgends.

Ich hab im Übrigen natürlich nicht vor, in den Kommenden zwei oder drei Tagen langsam und durch den Stau zu fahren aber schnell mit einem hakenden Lenkkopflager um die Kurve könnte ggf. auch nicht wirklich lustig werden.

Deshalb also Donnerstag mit der TX statt der Kawa zur Arbeit, dann am Nachmittag zu einem späten Besprechungstermin von Stuttgart ins Produktionswerk nach Gaggenau und um 18 Uhr weiter mit der Fähre bei Plittersdorf über den Rhein. Zweieinhalb Stunden und 140 km später nach einer Runde über Wissembourg, ein bißchen Pfälzerwald, Bitche, la Petite Pierre und vielen Kurven auf dem Campingplatz in Saverne das Zelt aufgebaut und noch einen Stadtbummel gemacht.

Das klatschnasse Zelt am nächsten Morgen im Regen wieder abgebaut, den ebenfalls nassen Schlafsack - ich hab vergessen den Eingang des Überzelts zu schliessen - verpackt, gemütliches Frühstück unter dem Vordach einer Boulangerie/Patisserie und als ich weiterfahren will stehen zwei relativ junge Townmarshalls neben der auf dem Gehweg im Haltverbot geparkten TX. Das hätt jetzt ja nicht wirklich sein müssen - aber null Problem, ' .. belle machine, ...., quelle année ...' Und während ich noch an meinem 40 Jahre alten Schulfranzösisch zerre und versuche, 1974, auf Französisch neunzehnhundertsechzigvierzehn, den Siebzger gibts in der französichen Grammatik so nicht, zu übersetzen sagt der eine' .. soixantequatorze?...' und ich bin platt, der kennt die TX tatsächlich.

Weiter in strömendem Regen vorbei am Schiffshebewerk von Lutzelbourg zum Rocher Dabo. Da war ich vorher nur einmal bei einem TX-Treffen irgendwann 2007, 2008, ? und damals war das Wetter ähnlich - ich glaub, es hat nicht ganz soviel geregnet. Den Parkplatz hab ich ganz für mich, Aussicht, na ja, immer mal wieder, wenn der Wind die tieffliegenden Wolken wegbläst.


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Die TX genauso nass wie die Cafehausstühle, der Fahrer, die Handschuhe und die Gepäckrolle ....


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Weiter auf Mini-Strässchen nach Schirmeck, wo ich um 11 beim Tanken die Handschuhe auswinde. 20 km später, beim Gang durch die KZ-Gedenkstätte Natzweiler-Strutthof, kann ich jedem nur empfehlen, hört der Regen dann auf.

Champ de Feu, Le Hohwald, ... , Col da la Charbonniere, .. über Villé, den Col de la Fouchy nach St. Martin aux Mines und von dort weiter über den Col de Bonhomme zum Lac Blanc und Lac Noir, über den Wettstein Richtung Munster und dann, im Tiefflug, gleich wieder den Col de la Schlucht hoch. Auf der ganzen Strecke kaum Verkehr, Kurven, Kurven, Kurven ... und sogar ein wenig Sonne. Und am Wettstein zwei junge Füchse neben der Straße, die sich erst trollen als ich umdrehe und bei laufendem Motor nach dem Photoapparat fingere.

Am Schlucht beschliesse ich angesichts der doch weiter angespannten Wetteraussichten und des nassen Zelt und Schlafsacks, daß der Grand Ballon mir nicht wegläuft wenn ich da heut nicht mehr hinfahre und mache kehrt. Über die Route de Crête zurück zum Lac Blanc, runter nach Orbey und über den kleinen Col de Fréland zurück nach Villé, wunderschöne kleine Innenstadt, nette Boulangerie/Patisserie mit Tischchen draussen, Cappucino - Café au Lait, 50/50 Milch und Kaffee so wie früher, scheint in Frankreich abgeschafft zu sein - Tarte aux Myrtilles, Heidelbeerkuchen. Lecker!
Und wird noch besser durch zwei alte Säcke, so in meinem Alter plus vielleicht zwei, drei Jahre, die vor dem Wegfahren mit den altersüblichen fetten BMW GSen um die TX rumschleichen und sich offensichtlich fragen, zu was auf den Sträßchen ihre vielen Pferdchen und overdesignten Gurken gut sind. Schade, daß wir uns nicht auf der Strecke getroffen habe, das wär in den engen Kürvchen für die ganzen GS-Pferde möglicherweis noch deprimierender geworden ....

Dann ists schon fast vorbei, ich treff noch drei Wildschweinbabies, die vor mir über die Straße galoppieren - diesmal versuch ich nicht zu fotografieren, weil ich mir vorstellen kann, daß die Alte nachkommt und das nicht spaßig findet - und mache schließlich die letzte Pause am Mont St. Odile wo, obwohl ich so wüst bin, der Kollege auf dem Foto seine schützende Hand auch über mich hält ...


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... um dann schließlich um kurz nach sechs bei Erstein über den Rhein zurück nach Deutschland zu fahren.

Kleiner Besuch bei TX-Kollege Peter in Offenburg und dann um kurz vor acht im wieder einsetzenden Regen das letzte Highlight des Tages, die Strecke von Oppenau über Allerheiligen hoch auf die B500 bei Ruhestein und auf der anderen Seite gleich wieder zügig runter nach Baiersbronn. Dort reichts mir dann aber, es regnet und wird auch richtig dunkel und ich fahr die letzten 80 km nicht mehr kurvig über die Nagoldtalsperre sondern stattdessen zügig über die B294 nach Pforzheim und von da vollends nach Haus.

Meine Frau stellt ja angesichts einer aktuell anstehenden Renovierung des Badezimmers die Notwendigkeit einer ihrer Wahrnehmung nach nie genutzten Badewanne in Frage aber nach knapp 600 km auf dem Motorrad gibts nicht Schöneres, als im heißen Wasser erst auf Temperatur zu kommen und dann im Halbschlaf zu relaxen. Die Wanne bleibt!!!

Am Samstag früh das Finale der Tour ...


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... Zelt, Unterlegplane, Schlafsack, Gepäckrolle und das Kleingerötel zum Trockenen auf der Wäscheleine. Kombi, Stiefel und die Handschuhe kommen dran, wenn die Leine wieder frei ist.

Was gibts noch zu sagen?

Das Elsaß und die Vogesen haben sich gewandelt, ich hatte das in den Ortschaften vor allem in den Vogesen alles ein bißchen grau, mit offensichtlichen Leerständen und im Verfall befindlich in Erinnerung. Stattdessen gibts viele neu gerichtete farbige Häuser, schmucke Ortszentren auch jenseits der Touristenroute, Campingplätze, Restaurants, Cafés ... lädt zu mehr und richtigem Urlaub ein!

Super, so ein kleiner Ausreisser aus dem Alltag. Und auf kleinen Straßen wie im Elsaß und den Vogesen ist die TX genau richtig, Drehmoment statt Drehzahlen und ein durchaus brauchbares Fahrwerk. Auch wenn sie trotz Konis gelegentlich ein wenig wüst in die immer mal wieder vorhandenen Schlaglöcher reinhaut.

Die Bridgestone BT 45 Reifen sind, auch bei Nässe, erste Sahne und kommen bei meiner nach eigener Einschätzung im Gegensatz zu früher auch im Regen durchaus zügigen Fahrweise in keiner Form an ihre Grenzen. Ganz anders allerdings die Bremsen, hinten bescheiden und vorne, vor allem bei Regen, richtig mies. Über eine wirkliche Notbremsung mag ich da gar nicht nachdenken, das kann die alte Kawa deutlich besser. Wolfgang meint, ich solle vorne mal alles zerlegen und schaun, ob die Kolben überhaupt richtig gängig und die Schläuche nicht eventuell gequollen sind.

In vier Wochen fahr ich mit der Kawa 750 Twin-Enduro, dem dritten Motorrad in der Garage, eine Woche in die Seealpen. Und beim nächsten Mal ist dann wieder die TX dran, da wechseln wir, nach der Erfahrung, jetzt schön ab.

Ich wünsche euch und euren TX' ebenfalls schöne Ausfahrten und nicht nur Schrauben undvielleicht auch ein kleines bißchen Neid!

Martin
schraubgern
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Re: kein Treffen - ganz allein in den Vogesen

Beitrag von schraubgern »

Sehr schöner Reisebericht, Martin. Danke dafür.
Letztes Jahr genau um diese Zeit waren Ursula und ich auch für eine Woche in den Vogesen unterwegs. war zwar wenig Sonnenschein aber geregnet hat es nicht. Ebenso wie bei dir waren kaum Fahzeuge auf den Straßen. Herrlicher Grip und Fahrspaß pur. Wollten wir dieses Jahr wiederholen. Sind dann aber doch mit der Dose in die Pfalz gefahren wegen der schlechten Wetterprognosen.
Wäre schön, wenn du noch mehr Fotos liefern könntest.

Werden die hochgeladenen Fotos evt. beim Einstellen ins Forum ein wenig beschnitten? Bei mir wars so. Erst eine andere Bildgröße brachte die Bilder unbeschnitten.
An die Forumadmins: Beschneidung ist neuerdings in Deutschland verboten! Was kann man da tun?

Deine Bremsscheiben sind nicht die originalen, denke ich. Welche hast du denn verbaut?
Der Rentner, der fährt viel und weit, warum auch nicht er hat ja Zeit😜
Gruß Reinhard
martin s aus b
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Re: kein Treffen - ganz allein in den Vogesen

Beitrag von martin s aus b »

Hallo Reinhard,

im Unterschied zu Dir hab ich den Vorteil, daß die (Nord-)Vogesen mit 120 km Anreise tatsächlich mehr oder weniger hier vor der Haustür liegen und mit zwei bis drei Tagen eine tolle Tour möglich ist. Irgendwie hatte ich das vor lauter Alpen und Toskana etc ein wenig aus den Augen verloren. Und ich würd schon gern noch ein paar Fotos reinstellen aber von den Vogesen hab ich nur die. Manchmal treib ich Mitfahrer mit Fotostops zum Wahnsinn, manchmal läufts mit dem Fotografieren einfach nicht. Dies war ein 'manchmal' der zweiten Art.

Aber ein paar Fotos von einer Ausfahrt der anderen Art hab ich schon noch und warte immer drauf, daß mich endlich einer danach fragt - kuckst Du hier.

http://www.armbell.com/kz400/viewtopic. ... orum=kz400

Mehr Alpen und Sardinien in diesem Forum unter 'Around the World on Kawasaki Twins '

Ich stell die Fotos übrigens nicht direkt im Forum ein - geht das überhaupt - sondern auf einen Server des Kawa-Twin-Forums und verlinke sie. Irgend ein Beschneidungsproblem ist mir dort bisher nicht aufgefallen.

Meine Bremsscheiben - ich hab die TX 2006 als vierter Besitzer bei ebay von einem Motorradhändler in der Oberpfalz ersteigert. Die Scheiben waren so dran.

Gruß

Martin
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